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Human being vs. human doing — Wer bist du? 🥊
Das Spiel mit der Zeit und dem Sinn.
Hello Smart Chief,
Stell dir vor, du sitzt im Schlaraffenland – und die Uhr an deinem Handgelenk tickt. Du hast zehn Wochen Zeit, um all das zu tun, was du schon immer nachholen wolltest. Zeit für das, was im stressigen Job von nervigen To Do’s verschüttet wurde. Nichts ist Verboten. Auch nichts tun erlaubt. Wofür entscheidest du dich? Wie schaut der “perfekte Tag” aus, wenn nicht Instagram zuschaut, sondern nur du selbst? Ich habe angefangen, Antworten zu finden.
In Phase 1 des Jahres war die Mission klar: Thema festzurren, Zielgruppe definieren, Team aufbauen, Start-up gründen. Das war anstrengend, aber nicht so sehr wie das, was mich danach erwartete. Im Mai fand ich zufällig heraus, dass ich schwanger bin. Euphorisch, verwirrt, und überfordert manövrierte mein Geist mich durch die Gefühlslage. Sofort wusste ich, das Baby ist ein Geschenk, es bleibt. Allerdings war mir auch klar, ich muss Gas geben. Projekt umsetzen, testen, ob das, was ich mir überlegt habe, auch wirklich einen Markt findet – doppelt so schnell wie ursprünglich geplant, damit ich mich Ende des Jahres auf die Geburt vorbereiten kann.
Im August dann Phase 2: die Start-up-Maschinerie startete auf Hochtouren. Zwischen stoischer Ruhe, Fokus und purer Leidenschaft für die Sache sehnte ich mir manchmal nur noch das Ziel herbei. Füße hochlegen, Bauch streicheln, stundenlang spazieren, mit Baby tanzen. Nur tun, was mir in den Sinn kommt. Klingt so verlockend und wird doch völlig unterschätzt: Denn nichts tun wurde plötzlich zu meiner größten Herausforderung. Willkommen, Phase 3. In der befinde ich mich jetzt.
In einer Meditationsrunde am Montag sprach ich das erste Mal laut aus, was mich bereits wochenlang innerlich umtrieb: “Seit Tagen habe ich das Gefühl, ich stehe jeden Morgen auf, absolviere im Akkord Dinge, gehe ins Bett, stehe wieder auf. Um am nächsten Tag wieder von vorne anzufangen.” Workout oder Yoga, Acai-Bowls mit FreundInnen löffeln, Besorgungs-Listen für Baby erstellen und Baby-Bücher lesen. Auf XXL-Leinwände malen, Bauch eincremen, Tagebuch schreiben. Das Bizarre daran: das, was ich liebte, fühlte sich unterschwellig wie eine stumpfe Agenda an, die ich täglich abarbeitete.
War ich gelangweilt vom Alltag? Nicht dafür gemacht, nicht zu arbeiten? Brauchte ich Abwechselung (Wochenende in Paris)? Oder mehr Ruhe (Tag ohne Handy)? Vielleicht war es auch ganz anders und ich sollte die letzten Wochen vor der Geburt „in mich kehren“: Noch mehr malen? Nur noch schreiben? Wohnung einrichten?
Mir wurde bewusst, wie panisch ich nach Lösungen suchte. Mir wurde bewusst, dass nichts davon die Lösung war. Denn mal angenommen, ich würde all das schaffen, wie geht’s dann weiter? Macht das wirklich Spaß oder ist das Aktionismus? Was fehlt mir? An dieser Stelle des Textes erwartet ihr mit Sicherheit eine Antwort auf diese Frage. Ich wünschte, ich könnte sie euch geben. Zumindest bin ich ihr ein Stück näher gekommen: We are human beings - nicht human doings. Statt jedem Gedanken im Kopf hinterherzujagen (und diesen sofort ausführen zu wollen), gilt es das zu hören, was unter der Oberfläche vergraben ist.
Das einzige, was mir dabei ernsthaft hilft, ist meditieren. Nicht zehn Minuten Headspace zwischen zwei Calls und Essen kochen, sondern mindestens eine dreiviertel Stunde. Ich weiß, das klingt viel. Ich weiß, es klingt nach Privileg. Beides ist ein Trugschluss: Denn vielleicht rettet euch genau diese Stunde davor, viele weitere mit non-sense zu verschwenden.
Danke fürs Lesen. Work smart, not hard! Eure, Laura
Zwei Fragen:
👉🏼 Wie konnte es so weit kommen, dass wir als Gesellschaft Dinge tun, die wir gar nicht wirklich wollen? Diese Frage habe ich Gerald Hüther gestellt, deutscher Neurobiologe und Bestseller-Autor. Ihr kennt ihn bereits vom letzten Newsletter.
👉🏼 Und wie können wir unserem Kopf im Alltag mehr Ruhe geben? Ich kann euch nur die App von Sam Harris ans Herz legen “Waking up”. Ein Mix aus Philosophie, Stoizismus, Meditation – jeden Cent wert.